Samstag, Mai 4, 2024

Voraussetzungen für höhere Behindertengrade bei Chronischem Erschöpfungssyndrom

Sozialberater: „Die Beschwerden werden im Versorgungsrecht stets in Relation gesetzt!“

Menschen mit einem Chronischen Erschöpfungssyndrom (CFS/ME) stellen oft einen Antrag auf Zuerkennung einer Behinderteneigenschaft – und erhalten vom Versorgungsamt einen enttäuschenden Bescheid. Dabei sei die Rechtslage durch mehrere Urteile mittlerweile sehr klar, meint der Leiter der bundesweiten Selbsthilfeinitiative zu CFS und Fibromyalgie, Dennis Riehle (Konstanz), der selbst seit 2014 an beiden Erkrankungen leidet und bislang knapp 6.000 Betroffene beraten hat. Er führt hierzu aus: „Sofern die Erschöpfung sich allein auf eine seelische Ermüdung erstreckt, daneben keine relevante Belastungsintoleranz oder weitergehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit nach kognitiver Anstrengung vorliegt, wird die Symptomatik mit einem psychovegetativen Belastungszustand gleichgesetzt, der einen Grad der Behinderung von 30 bis 40 rechtfertigt und angemessen ist“. Gerade in diesen Fällen sollten andere Ursachen als ein CFS ausgeschlossen werden. Ohnehin sei es rechtmäßig und durch Gerichte mehrfach anerkannt und bestätigt worden, dass das Äquivalenzprinzip im Versorgungsrecht Anwendung findet, betont Dennis Riehle. Der 37-Jährige ist als Psychologischer Berater ausgebildet und wurde in Sozialrecht zertifiziert. „Es geht also bei der Bewertung der Behinderung nicht um die vorrangige Frage der Ursache der Symptomatik, sondern um das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche den Alltag und die selbstständige Lebensführung einschränken. Dabei ist es legitim, sich auch an den Maßstäben psychosomatischer Erkrankungen zu orientieren – was allerdings nicht bedeutet, dass das CFS als eine solche Krankheit klassifiziert ist“.

Viel eher werde versucht, Abstufungen zu schaffen und damit zu einer gerechten Beurteilung des sehr unterschiedlich verlaufenden CFS zu kommen. Dass dabei auch seelischen Anteile bemessen werden, die jede körperliche Erkrankung mit sich bringt, ist logisch. Betroffene fühlen sich dann schnell in eine ‚Psycho-Ecke‘ abgeschoben. „Dabei dient all das nur dem Anliegen, das Ausmaß und die Intensität der eingeschränkten Teilhabe durch das Hilfsgerüst der Vergleichbarkeit ausdrücken zu können“, sagt Sozialberater Riehle. „Bei jedem Verständnis für das subjektive Leiden des Einzelnen, muss eine Entscheidung natürlich auch immer verhältnismäßig sein und der Gutachter sich daher auch nach links und rechts umschauen. Jeder empfindet seine eigene Erkrankung besonders schlimm. Doch es muss auch Abstand bleiben zu Patienten mit anderen Krankheitsbiografien, denen es noch deutlich schlechter geht und die ebenfalls eine adäquate Einordnung verdient haben. Das vergessen wir in der heutigen Zeit der starken Egozentrierung manchmal“. Riehle unterstreicht aber auch, dass höhere Grade der Behinderung möglich sind: „So ist auch ein GdB von 50, der zur Zuerkennung eines Schwerbehindertenausweises mit weiteren Nachteilsausgleichen führt, auch bei einem CFS durchaus denkbar, wenn zu den psychischen auch körperliche und geistige Erschöpfung, Schmerzen, Mobilitätseinschränkungen oder ein neuroimmunologisches Korrelat dazukommen, welches das CFS im sozialrechtlichen Sinne weiter qualifiziert und höhere Behindertengrade bedingen kann“. Und abschließend sagt der Coach vom Bodensee: „Wesentlich ist dabei eine durchgeführte und dokumentierte Differentialdiagnostik sowie die Einhaltung der bekannten Diagnosekriterien, während eine Einordnung auf der sogenannten ‚Bell‘-Skala nachrangig ist!“.

Die Beratung der Selbsthilfeinitiative kann überregional kostenlos unter www.selbsthilfe-riehle.de erreicht werden.

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